Klaudia Weber und Franz Bailom auf den Spuren von Innovationen rund um den Megatrend
„Energie, Klimawandel & Nachhaltigkeit“
Über dynamische Sustainability und Thrivability
„Vor 300 Jahren wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Forschung formuliert, heute ist der Begriff allgegenwärtig, oft inhaltsleer und stößt an seine Grenzen. Die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen ist aber aktueller denn je.“
Mit diesen Worten beginnt ein Beitrag des Wissenschaftsredakteurs David Rennert in der aktuellen Ausgabe von upgrade: Das Magazin für Wissen und Weiterdenken der Universität für Weiterbildung Krems. Der Autor setzt sich darin kritisch mit dem Thema Sustainability auseinander und verweist unter anderem auf das der Forstwirtschaft entlehnte Verständnis von Nachhaltigkeit, das besagt: Es dürfen nicht mehr Bäume gefällt werden, als nachwachsen können. [1]
Dass wir dieses Prinzip nicht leben (weder bei Bäumen noch bei anderen Ressourcen), zeigen die jährlichen Zahlen des Earth Overshoot Day [2], an dem wir meist schon Mitte des Jahres angelangt sind. Es stellt sich daher die berechtigte Frage: Brauchen wir neue Ansätze, weil das Konzept der Nachhaltigkeit gescheitert ist?
Nachhaltigkeit ist eher ein statisches, konservatives Konzept. Es werden sich andere Konzepte und Begriffe herauskristallisieren: Thrivability zum Beispiel.
Dies sind wiederum die Worte von Prof. Dr. Michael Obersteiner [3]. Er ist Direktor des Environmental Change Institute an der Universität Oxford und bringt einen (für uns) neuen Begriff ins Spiel, bei dem es nicht nur um das reine „Bewahren“ von Natur geht. Lange Zeit sei Umweltschutz als statisches, konservierendes Konzept verstanden worden. Nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels und der wachsenden Weltbevölkerung, die massiv in die Umwelt eingreift, müssten aber flexible, dynamische Antworten gefunden werden, die weit über das Bewahren hinausgehen, so Prof. Obersteiner in dem eingangs erwähnten Beitrag. Die Welt „zurückzubauen“ sei jedenfalls keine Lösung. Vielmehr ginge es darum, entsprechende zukunftsfähige Ökosysteme zu schaffen, die den Risiken des Klimawandels Rechnung tragen. [1]
Doch was GENAU ist unter Thrivability im Gegensatz zu Sustainability zu verstehen? Gibt es eine Definition dafür? Da wir bei der manuellen Suche nach dem Begriff im Internet nicht wirklich fündig werden (zwar gibt es bereits zahlreiche Publikationen dazu [4], aber auch Wikipedia führt den Begriff mit Stand 21.01.23 noch nicht), fragen wir versuchsweise ChatGPT. Das scheint heutzutage so üblich zu sein, haben wir in den vergangenen Wochen gelernt:
@Thrivability
FRAGE: Was weißt du über Thrivability? Wo liegt der Unterschied zu Sustainability?
ANTWORT: Thrivability ist ein neuer Begriff, der das Konzept der Nachhaltigkeit erweitert. Es geht darum, Strategien zu entwickeln, die das Wohlergehen aller Beteiligten fördern und gleichzeitig die Umwelt und die Ressourcen schonen. Der Unterschied zur Nachhaltigkeit besteht darin, dass Thrivability ein dynamischeres und ambitionierteres Konzept ist, das auf Wachstum und Fortschritt abzielt, während Nachhaltigkeit ein passives Konzept zur Erhaltung des Status quo ist.*
*Da wir uns nicht sicher sind, ob man Chatbots zitieren muss, sei vorsichtshalber noch einmal erwähnt, dass wir den Text mittels ChatGPT (Chat-basierte Generative Prädiktive Modellierung) von OpenAI recherchiert und leicht gekürzt haben.
Klingt plausibel. Aber da man ChatGPT nicht alles unhinterfragt glauben sollte und wir uns lieber mit Menschen als mit Bots unterhalten, haben wir uns einfach direkt an Prof. Dr. Michael Obersteiner gewandt und ihn über LinkedIn angeschrieben, in der Hoffnung, dass er uns weiterhelfen kann. Wir konnten ihm ein weiteres Statement entlocken, das die Aussagen von ChatGPT zum Teil untermauert.
Thrivability ist für mich 'Dynamische Sustainability', die Neues zulässt.
Und dann verriet er uns noch den Namen einer Pionierin in Sachen Thrivability: Zoe Metcalfe. Sie ist seit August 2021 Client Director for Local and Central Government bei Atkins, einem international tätigen Beratungsunternehmen für Design, Engineering und Projektmanagement mit Sitz in Großbritannien. Vielleicht gelingt es uns, ein ausführliches Interview mit ihr zu führen, um mehr über dieses Konzept, ihr Aufgabengebiet und die damit verbundenen Projekte zu erfahren. Wir melden uns auf jeden Fall wieder. Und in der Zwischenzeit machen wir uns auf die Suche nach dynamischen, nachhaltigen Lösungen in einem erweiterten Verständnis: Ansätze, die Neues zulassen und „blühende“, lebendige Orte schaffen - sowohl im Sinne sozialer Gerechtigkeit als auch ökologischer Nachhaltigkeit.
Zum Schluss noch drei Inspirationsbeispiele aus unserem Innovationskompass, die vielleicht schon in diese Richtung weisen.
Drei Beispiele aus unserem Innovationskompass
Einfach anklicken und los geht's.
Bis bald und herzliche Grüße aus dem INNO-VERSE
Klaudia und Franz sowie das gesamte in-manas-Team
NACHTRAG 22.01.2023: Wir haben soeben eine Interviewzusage von Zoe Metcalfe erhalten, was uns sehr freut!
QUELLEN UND VERTIEFUNGSTIPPS
[1] upgrade: Das Magazin für Wissen und Weiterdenken der Universität für Weiterbildung Krems: Alles kein Zufall [2] Der Earth Overshoot Day markiert den Tag, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann, aufgebraucht hat. 2022 fiel er auf den 28. Juli. [3] Prof. Dr. Michael Obersteiner ist Direktor des Environmental Change Institute an der Universität Oxford. Seine Forschungsschwerpunkte reichen von biophysikalischer Modellierung in den Bereichen Ökosysteme, Forst- und Landwirtschaft bis hin zu Wirtschaft, Finanzen und integrierter Bewertung. [4) Auszugsweise ein paar Publikationen zu Thrivability: - Thrivability: Moving Beyond Sustainability to Regenerative Innovation von Eric Garza (2018) - Designing Thrivability: Toward a New Social Contract von David S. Jones (2020) - From sustainability to thrivability: A novel framework for entrepreneurial ecosystems von Sara Moggi und Paul Pierce (2021)
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