Wenn es darum geht, die Talente und Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern, gibt es kein wirksameres Instrument als ein funktionierendes Potenzialmanagement. Davon ist Andreas Hobjan, People & Culture Partner der STRABAG Österreich, überzeugt.
Wie in vielen anderen Branchen ist der Fachkräftemangel auch in der Bauwirtschaft ein großes Thema. Neben der kontinuierlichen Suche nach neuen Talenten gilt es, die bestehende Belegschaft möglichst lange zu halten und geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für definierte Schlüsselpositionen aus den eigenen Reihen heraus zu entwickeln. Doch wie erkennt man die Kompetenzen und Potenziale künftiger Führungsverantwortlicher und Experten? Darüber haben wir mit Andreas Hobjan gesprochen und erfuhren dabei,
wie das Potenzialmanagement bei der STRABAG funktioniert,
wie sich dieses Tool in das STRABAG-Karrieremodell integrieren lässt, und
welche Rolle das Thema Nachhaltigkeit bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden spielt.
IN-MANAS IM GESPRÄCH MIT ANDREAS HOBJAN | STRABAG AG
in-manas: Andreas, ihr betreibt schon seit längerer Zeit gezieltes Potenzialmanagement und habt entsprechende Programme in das STRABAG-Karrieremodell integriert. Wie können wir uns euren Prozess vorstellen?
Andreas: Das ist richtig. Wir arbeiten bereits seit 2015 mit diesem Instrument und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Denn ein gezieltes Potenzialmanagement ermöglicht es, frühzeitig und systematisch diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu identifizieren und zu entwickeln, die über die notwendigen Stärken und Fähigkeiten für die benötigten Schlüsselpositionen verfügen.
Zu diesem Zweck bieten wir drei Karrierepfade an, die sich an den Anforderungen der fünf Stufen des STRABAG-Karrieremodells orientieren: So gibt es die Möglichkeit, den Weg der klassischen LINIEN-Karriere einzuschlagen. Außerdem kann zwischen PROJEKT- oder EXPERTEN-Karriere gewählt werden.
in-manas: Was heißt das konkret, wenn wir uns euer Karrieremodell vor Augen führen?
Abb. 1. Das STRABAG-Karrieremodell
Andreas: Mit dem Potenzialmanagement ermöglichen wir eine Linienkarriere für die Ebenen 5 bis 3. Dazu gehören unter anderem Fachkräfte wie Technikerinnen und Techniker, Meisterinnen und Meister sowie weitere Spezialistinnen und Spezialisten, die über entsprechende Kompetenzen und Potenziale für den nächsten Karriereschritt verfügen. Als Personalentwicklung unterstützen und beraten wir die einzelnen Talente in Form von individuellen Entwicklungsplänen, um die nächsten Karriereschritte ab Ebene 3 zu gehen, sei es entlang der Linien-, Projekt- oder Expertenlaufbahn.
Dann gibt es noch ein spezifisches Karriereangebot für Führungskräfte, die sich bereits auf den Ebenen 2 bis 0 befinden, das wir LEADERSHIP@STRABAG genannt haben.
Potenzialmanagement und die damit verbundenen Initiativen führen zu einer höheren Identifikation und Bindung mit dem Unternehmen.
in-manas: Nun ist es ja so, dass nicht alle Mitarbeitenden für das Potenzialmanagement infrage kommen. Nicht alle Angestellten verfügen also über entsprechend „ausbaubare“ Fähigkeiten. Wie bestimmt ihr, welche Personen prinzipiell „förderwürdig“ sind?
Andreas: Ja, das Potenzialmanagement (für Führungskräfte ab der Ebene 3) adressiert „nur“ 3-5 Prozent aller Angestellten. Das sind bei weltweit rund 32.000 Beschäftigten natürlich immer noch sehr viele Menschen. Neben einer mindestens zweijährigen Konzernzugehörigkeit müssen folgende drei Kriterien erfüllt sein:
HOHE KOMPETENZ: Darunter verstehen wir neben Soft Skills die Fähigkeiten und Kenntnisse einer Person, die im aktuellen Betätigungsfeld aufgebaut werden konnten. Diese werden wir mit den künftigen Tätigkeits- und Kompetenzprofilen abgeglichen.
ÜBERDURCHSCHNITTLICHE PERFORMANCE: Hier geht es um eine Leistungseinschätzung bei den Potenzialträgerinnen und -trägern durch die aktuelle Führungskraft, und zwar auf Basis von Zielvereinbarungen, die im Rahmen von Mitarbeitergesprächen getroffen wurden.
Und last but not least geht es um das ENTWICKLUNGSPOTENZIAL: Anhand von Potenzialchecklisten und der Verhaltensprofilanalyse des Unternehmens Thomas International wird beurteilt, ob die Mitarbeitenden über das Potenzial zur Bewältigung der Herausforderungen und Aufgaben in der nächsthöheren Ebene verfügen. Es geht also darum, die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten anhand von unterschiedlichen Indikatoren wie Ambitionen, Reflexionsfähigkeit, Innovationskraft, Lern- und Handlungswille sowie Durchsetzungskraft einzuschätzen.
in-manas: Und wenn diese drei Indikatoren überzeugend sind?
Andreas: Dann werden individuelle Entwicklungspläne erstellt und die nächsten Schritte definiert. Darunter können Coaching- und Mentoring-Programme, Jobrotationen, spezifische Schulungsangebote im Rahmen der STRABAG-Akademie, aber auch Auslandseinsätze fallen, um nur einige Maßnahmen zu nennen.
Ziel ist es jedenfalls, die Qualität, Kontinuität und Leistung im Konzern nachhaltig zu sichern. Es zeigt sich in der Praxis auch, dass das Potenzialmanagement und die damit verbundenen Initiativen zu einer höheren Identifikation und Bindung mit dem Unternehmen führen.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2040 entlang der gesamten Wertschöpfungskette Bau klimaneutral zu werden.
in-manas: Nun bleibt der Fachkräftemangel allerdings nicht nur auf der Führungsebene beschränkt. Und nicht alle Mitarbeitenden können zu den auserwählten 3 bis 5 Prozent gehören. Wie gelingt es euch trotzdem, so viele Menschen für euer Unternehmen zu begeistern, zumal insbesondere junge Menschen oft auch das eigene Tun mit Sinn verbinden – Stichwort Purpose und Nachhaltigkeit. Was hat hier die STRABAG zu bieten, wenn man bedenkt, dass die Baubranche weltweit 38 Prozent der CO₂-Emissionen verursacht?
Andreas: Wir haben uns zum Ziel gesetzt, bis 2040 entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bau klimaneutral zu werden. Dabei haben wir uns vor allem auf die Reduktion der CO₂-Emissionen, eine funktionierende Material- und Kreislaufwirtschaft sowie die Digitalisierung der Prozesse fokussiert. Natürlich geht das alles nicht von heute auf morgen, sondern nur Schritt für Schritt: Work on progress ... das ist auch unsere gemeinsame Mission. Dazu müssen auch völlig neue Arbeitsweisen umgesetzt und neue Materialien in großem Maßstab eingesetzt werden. Fakt ist: Je mehr talentierte und qualifizierte Menschen bei uns arbeiten, desto schneller kommen wir ans Ziel.
Insofern glaube ich, dass wir von jungen Menschen durchaus als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, der in jeder Hinsicht auf die Zukunft „baut“.
in-manas: Andreas, vielen Dank für das spannende Gespräch und weiterhin alles Gute für eure Arbeit.
HINWEISE UND VERTIEFUNGTIPPS
Wer mehr über Andreas Hobjan erfahren möchte: Hier geht es zu seinem LinkedIn Profil.
Hier geht es zur Website der STRABAG AG.
Und für alle, die Lust auf mehr Themen rund um Personal- und Organisationsentwicklung haben: Im Wissenshub für HR und OE in unserem INNO-VERSE gibt es „unendlich viel“ Diskussions- & Innovationsraum für aktuelle Themen und Herausforderungen wie diese, samt Tausenden Innovationsbeispielen, zahlreichen Interviews und Tools sowie Special Contents als Inspirationsquelle, um darauf aufbauend an Lösungen zu arbeiten.
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